- service - Moment mal...
Alle drei Monate verfasst unser Gemeindemitglied Uwe Bachmann sein „Moment mal...“, das eine feste Rubrik im Gemeindebrief ist.
Ver-gebungIch muss an dieser Stelle ehrlich bekennen: In manchen Fällen
habe ich so meine Probleme damit bestimmte Dinge zu vergeben. Ich
könnte auch sagen: Ich bin da nachtragend. Das ist nicht
unbedingt eine positive Eigenschaft und ich will mich auch nicht damit
herausreden, dass es doch wohl den meisten Menschen so geht. Oder? Und
als Christ weiß ich erst recht, dass Gott selbst mich zur
Vergebung auffordert. Und nach einer gewissen Zeit gelingt mir das
auch, selbst in „schwersten“ Fällen.
Ich habe mir nämlich selbst so eine Hilfsmittelpalette aus
drei Argumenten hergestellt. Zuerst führe ich mir vor Augen,
was Gott selbst mir immer wieder alles vergibt, Tag für Tag,
und Jesus erwartet von mir „siebzigmal siebenmal“
zu vergeben - also immer. So steht es im Matthäus-Evangelium.
Das zweite Argument: Wie oft müssen die Menschen aus meiner
Umgebung mir vergeben, weil ich das einfach erwarte? Ich werde so oft
schuldig an meinen Mitmenschen. Und wenn ich dann immer noch nicht
vergeben kann, dann erinnere ich mich an eine Geschichte, die ich mal
gelesen habe. 1945 wird das KZ Dachau befreit, die Gefangenen von ihren
Qualen erlöst und die Verantwortlichen verhaftet. Die Aufseher
und Wachleute bekommen jeweils eine Tafel um den Hals gehängt,
dann werden die noch lebenden Häftlinge an ihnen vorbei
geführt. Jeder von ihnen darf für erlittene
Grausamkeiten, Folter und Mord einen Strich auf die Tafel schreiben.
Die Anzahl der Striche unterstreicht die Grausamkeit der meisten
Aufseher. Nur eine Gruppe polnischer Priester geht still an den zu
Schau Gestellten vorbei und weigert sich Striche zu ziehen. Sie
überlassen Gott die Vergeltung. Sie wissen, sie sind zur
Vergebung aufgefordert.
Wie kann ich heute mit meinen kleinen Problemchen da anders handeln?
Wenn wir bestimmte Aufträge an Handwerker oder Firmen
ver-geben, dann geben wir doch die Verantwortung in kompetentere
Hände. Dann sollte es uns doch mit dem Ver-geben von Schuld
auch möglich sein. Wir übergeben das in die
kompetenten Hände unseres Vaters im Himmel, denn der ist
allemal gerecht.
Uwe Bachmann