- service - Moment mal...
Alle drei Monate verfasste unser Gemeindemitglied Uwe Bachmann sein „Moment mal...“, das eine feste Rubrik im Gemeindebrief war.
Oscarreif
Wie viele Menschen haben den großen Wunsch, einmal auf der
Bühne zu stehen oder – besser noch – einmal im
Fernsehen aufzutreten, und dabei nehmen sie manche Mühen oder
sogar Erniedrigungen in Kauf. Bei den allermeisten Menschen bleibt es
ein Wunsch oder ein Traum. Dabei vergeht doch wohl kaum ein Tag, an dem
wir alle unserer Umwelt so richtige hollywoodreife Darstellungen
bieten. Stimmt nicht, sagen einige von uns?
Ich widerspreche. Wir spielen doch alle unsere Rollen: Die Jungen
wollen „cool“ rüberkommen, niemand von uns möchte
schwach erscheinen, schon gar nicht hilflos oder ratlos dastehen. Wer
mag schon zugeben, dass sie oder er auf etwas keine Antwort weiß,
dass sie oder er abhängig ist von Medikamenten, Drogen, Alkohol
und anderen Dingen? Also spielen wir alle mehr oder weniger gut unsere
Rollen im Alltag und damit unseren Mitmenschen Theater vor. Wir haben
alle „unsere Leichen im Keller“, nur zugeben mag es keiner.
Jesus hat einmal den Menschen, die eine Ehebrecherin steinigen wollten,
gesagt: „Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten
Stein“! Nicht einer hat geworfen. Könnten wir bei dem
alltäglichen Theaterspiel behaupten: „Ich nicht“? Wir
mögen ja noch so überzeugend und oscarverdächtig spielen
und auch noch so viele Mitmenschen täuschen, einen täuschen
wir nicht: Gott.
ER kennt uns durch und durch bis in die letzte Zelle unseres Seins, vor
IHM stehen wir nackt da, da gibt es nichts zu verbergen. ER kennt uns
tiefer als wir selbst. Das mag manchem peinlich sein, aber das muss es
gar nicht. Eltern durchschauen ihre Kinder auch sehr häufig und
helfen ihnen danach. Vor Gott können wir auch ganz ehrlich sein
und vor ihm unsere Gedanken und Gefühle, unsere Nöte und
Sorgen, unsere Ängste und Peinlichkeiten ausbreiten. ER kennt sie
doch ohnehin. Aber wenn ich es tue, und das ist meine Empfehlung, der
ich selbst ein guter Schauspieler bin, dann werde ich auch wieder
einmal ehrlich vor mir selbst, denn bei aller alltäglichen
Schauspielerei spiele ich mir doch häufig selbst etwas vor und
bilde mir ein, jemand zu sein, der ich gar nicht bin.
Und wer es einmal erlebt hat, im Gebet oder in der Seelsorge Schuld zu
bekennen und Vergebung erhalten zu haben, der weiß erst recht,
was es bedeutet, eine Stelle zu haben, wo sie oder er völlig
ehrlich und aufrichtig sein kann. Gott ist bereit für jeden von
uns. Immer!
Uwe Bachmann