- service - Moment mal...
Vor einiger Zeit ging ich durch unsere Innenstadt. Es war sonnig und
warm, ein richtig schöner Tag. Auf dem Großflecken kamen mir
eine Mutter und ihr kleiner Sohn entgegen. Der Kleine hatte gerade ein
Eis bekommen und kam mit dem Schlecken gar nicht hinterher. Das
flüssige Eis tropfte auf das Shirt des Jungen. Die Mutter bekam
das mit und schimpfte: „Du bist aber auch ein Ferkel! Iss doch
schneller, dann tropft da nichts mehr!“ Aber der Kleine kam nicht
gegen die Menge des flüssigen Eises an. Erneut tropfte eine Ladung
Eis auf das Shirt, und die Mutter wurde noch wütender und sie rief
aus: „Du benimmst dich wie ein Sch...!“ Nein, sie sprach
das Wort nicht aus. Unausgesprochen schwebte es in der Luft. Andere
Passanten zeigten auch mittlerweile Interesse an dem Vorgang, und der
Mutter wurde es unangenehm. Sie nahm dem Kleinen das Eis weg, warf es
in einen Abfalleimer und zog unmutig ihren Sohn zum nächsten
Brunnen, um ihn zu säubern.
Mir fiel ein Vers ein, den Jesus mal zu Menschen sagte, als sie eine
Ehebrecherin steinigen wollten: „Wer unter euch ohne Sünde
ist, der werfe den ersten Stein auf sie.“ (Joh. 8,7) Dabei ging
es mir gar nicht um die Tatsache, dass wir alle Sünder sind,
sondern mehr um das „Steinewerfen“. Manchmal werfen Kinder
mit Steinen oder auch chaotische Demonstranten, aber wir? Wir doch
nicht! Oder doch?
Die Mutter demütigte in ihrer Wut ihr eigenes Kind und das war
schlimm. Auch eine Art mit „Steinen“ (Schimpfwörtern)
zu werfen. Kennen wir das nicht auch, wenn wir im Beisein anderer
Menschen bestimmte Personen mit Wörtern belegen oder beleidigen?
Wieder eine andere Art dieser „Wurftechnik“ ist die, dass
wir hinter dem Rücken anderer Menschen schlecht über sie
reden, um sie damit vor den Ohren unserer Zuhörer herabzusetzen.
Verstößt das nicht gegen das Gebot „Du sollst
nicht töten“? Das, was in solchen Momenten geschieht, ist
doch eindeutig Rufmord – oder?
Und wer von uns kann von sich behaupten, das noch nie getan zu haben?
Ich gestehe: Ich hätte kein Recht, den ersten Stein auf jemanden
zu werfen.
Uwe Bachmann