- service - Moment mal...
Vor einiger Zeit hatte ich vor den Kids vom Abenteuerland einen Vortrag
zu halten über die Entstehung der Wicherngemeinde.
Die Gemeindegründung ist aber nur zu verstehen, wenn man sich mit
den Menschen auseinandersetzt, die als Flüchtlinge nach dem
Zweiten Weltkrieg nach Neumünster kamen und jahrelang in den
Lagern leben mussten, die links und rechts der Ehndorfer Straße
gebaut wurden. Nach dem Verlust der Heimat und ihres ganzen Besitzes
mussten sie unter sehr primitiven Bedingungen in Baracken und
Nissenhütten hausen. Es fehlte an vielen Dingen: Kleidung,
Nahrung, Heizmaterial und Hygiene. Aber irgendwie schafften es die
meisten von ihnen, vor allem auch mit Zusammenhalt und gegenseitiger
Hilfe. In dieser Not suchten die Menschen Hilfe – und sie fanden
sie: bei Gott.
IHM konnten sie ihre Not, ihre Verzweiflung, ihre Sorgen, alle Trauer
und alle Tränen hinlegen, ja, manchmal auch herausschreien. Und es
tat gut, das unter Gleichgesinnten tun zu dürfen. Sie trafen sich
zum Gottesdienst, zum Beten, zur Bibelstunde in einer eigens dafür
aufgestellten Baracke. Im Winter brachte man sogar Heizmaterial mit, um
Gottesdienst feiern zu können und dort Trost finden zu
dürfen. Die Gemeinschaft der Gläubigen untereinander und die
Gemeinschaft mit Gott halfen über vieles hinweg und durch manche
Schwierigkeit hindurch. So mancher ließ sich einladen und empfing
den Trost und die Geborgenheit, die nur Gott geben kann.
Als ich mich auf den Vortrag vorbereitete, kam ich mir vor, als
würde ich in eine fremde Welt versetzt, dabei ist es doch nur gut
sieben Jahrzehnte her. Heute sieht es anders aus. Trotz mancher
erkennbarer Not geht es uns gut. Wir haben ein Dach über dem Kopf,
haben zu essen und zu trinken, sind in der Regel sozial abgesichert.
Und Gott? Brauchen wir IHN? Wozu beten, es geht uns doch gut? Lade ich
jemanden zum Gottesdienst ein, erhalte ich meistens eine Absage, ernte
ein bedauerndes Lächeln. Manchmal lässt sich doch jemand
einladen, der sich in persönlicher Not befindet, aber wenn die
vergangen ist, dann ist Gott schon wieder vergessen. Muss Gott uns erst
wieder in große Not kommen lassen, damit wir ihm begegnen
möchten?
Uwe Bachmann