- service - Moment mal...
Wenn die Adventzeit beginnt, muss ich häufig an Omas
„gute“ Kerze denken. Oma hatte so einige „gute“
Dinge: die „gute“ Stube, das „gute“ Geschirr;
und sie alle hatten etwas gemeinsam: Sie wurden, wenn überhaupt,
an Feiertagen gebraucht. Meine Großmutter hatte diese besondere
Kerze mit einem Goldmuster irgendwann einmal geschenkt bekommen, und
seit dieser Zeit stand sie im Seitenfach ihres Schranks und verstaubte
vor sich hin. Alle Versuche, Oma zu veranlassen, diese Kerze einmal
brennen zu lassen, wurden abgetan mit der Bemerkung: „Dafür
ist sie viel zu schade. Wenn sie erst einmal brennt, ist sie bald
weg.“ So verging ein Jahr nach dem anderen. Die Kerze wurde immer
unansehnlicher.
Viele Jahre später, in der Adventzeit, steckte meine
Großmutter wieder einmal ihre rote Adventschale mit
Fichtenzweigen aus, und da unternahm ich einen erneuten Versuch und
schlug ihr vor, ihre „gute“ Kerze in die Mitte zu stellen.
Zu meinem Erstaunen willigte sie gleich ein, und auf die Bemerkung,
dann müsse sie aber auch brennen, lächelte sie nur
geheimnisvoll. Bei unserer Verabschiedung lud sie meine Eltern und mich
zum nächsten Sonntag zum Adventskaffee ein. Als wir dann bei ihr
ankamen, war der Tisch gedeckt, es duftete nach Kaffee und Stollen, und
auf dem Tisch, in der Mitte, stand die Adventschale mit Omas
„guter“ Kerze, brennend. Wir saßen um den Tisch und
um die Kerze herum, genossen die guten Gaben, aber auch das warme,
flackernde Licht, das irgendwie mein Herz erfreute. Ich begriff: Es ist
die Aufgabe der Kerze, Licht zu spenden, Wärme zu schenken, aber
darüber hinaus schenkt sie auch Freude, die von innen kommt.
Aber Omas „gute“ Kerze erinnert mich nicht nur daran. Heute
denke ich in der Adventzeit weiter: Advent, das ist Ankunft, erinnert
mich auch, dass die Ankunft des Lichtes der Welt angekündigt wird:
Jesus. ER kam als Licht in die Finsternis dieser Welt, um sie zu
erhellen und zu erwärmen. Wie die Kerze hat er sich verzehrt, hat
Licht und Wärme in Form von Liebe und Vergebung geschenkt und hat
sich für uns hingegeben. Aber das geschah am Karfreitag. Lasst uns
erst einmal seine Ankunft feiern und auf das und über das Licht
freuen, das zu Weihnachten kommen wird. Genießen wir die Lichter,
die uns geschenkt sind.
Uwe Bachmann