- service - Moment mal...
Zu meinen schönsten Kindheitserinnerungen gehören die
Momente, in denen ich zu meiner Mutter flüchten konnte, wenn ich
mich gestoßen oder verwundet hatte, wenn es in der Grundschule
Ärger oder eine schlechte Note gab oder ich einfach traurig war.
Dann nahm sie mich in ihre Arme streichelte meinen Kopf und sagte ein
tröstendes Wort. Ihr konnte ich alles sagen, und auch dann, wenn
sie mir mal nicht helfen konnte, half es mir, wenn sie mir
zuhörte. Zu meinem Vater mochte ich nicht gehen. Er war eher der
„starke Typ“. „Jungen weinen nicht!“, sagte er
zu mir – oder auch: „Stell’ dich nicht so an, aus dir
soll doch ein Mann werden!“
Mittlerweile bin ich alt geworden, habe erkennen müssen, dass es
im Erwachsenenleben andere Probleme gibt: in der Gesundheit, im Beruf,
im privaten Umfeld, in der Familie. Da bauen sich manchmal ganz
schön dunkle Wolken auf, und dann ist da keine Mutter, die diese
Wolken wegpustet oder beiseite schiebt. Wo finde ich als Erwachsener
Trost? Im Alkohol? Bei einem Psychotherapeuten? In der
Verdrängung? Durch Ablenkung? Die Werbeindustrie verspricht uns
vieles: Nimm dies oder das, und du wirst wieder glücklich. Aber
ich weiß: Die Mutter meiner Kindheit können sie alle nicht
ersetzen. Außerdem: Ich bin ja jetzt ein Mann, und Männer
weinen nicht! Oder doch? Ich denke schon, dass das auch Männern
passieren kann, denn auch sie werden schwach, sind hilflos und
müssen erkennen, dass sie ihre Grenzen haben.
Wo ist dann Hilfe? Gott sagt uns, also Frauen und Männern:
„Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter
tröstet.“ (Jeremia 66,13) Das ist eine Zusage. Gott, der
Vater, der strenge, der uns die Gebote gab und auf ihre Einhaltung
achtet, will uns trösten, wie es nur eine Frau, eine Mutter kann.
Wie tröstet denn eine Mutter? Ich habe es anfangs beschrieben. Sie
nimmt ihr Kind in den Arm, stillt sein Schluchzen, ist mit dem Kind
betrübt, leidet mit und hat ein Ohr für alle seine Klagen.
Vor ihrem Ohr muss ich als Kind nichts verschweigen. Der Vater im
Himmel, der uns Mutterliebe schenkt: So etwas gibt es nur bei Gott. Und
ER hat gute Worte für uns: „Kommt her, die ihr mühselig
und beladen sei!“ – „All eure Sorge werft auf
mich!“ – „Ich bin bei euch alle Tage.“ Wer Gott
so einmal kennengelernt hat, wird sich IHM immer wieder anvertrauen.
Uwe Bachmann